Sechs Festivaltage in Graz, in denen sich die ganze Vielfalt des österreichischen Filmschaffens auftut. Als nationale Jahresfilmschau übernimmt die Diagonale eine unverzichtbare Rolle als Präsentations- und Kommunikationsplattform, gleichzeitig definiert das Festival in der Programmauswahl sein Verhältnis zum österreichischen Kino jedes Jahr aufs Neue. Das Programm bildet Tendenzen und Umbrüche ab, es soll repräsentativ sein und gleichzeitig das ganze Spektrum filmischer Erzählweisen zeigen, Raum für Begegnungen schaffen – nicht nur des Publikums mit den Filmen, sondern auch der Filme miteinander. Ein Festival steht außerhalb des Kinoalltags und seine Aufgabe ist es, den ausgewählten Filmen die Möglichkeit zu bieten, im Kino präsent zu sein und damit eine Öffentlichkeit zu finden, die sie unabhängig von ihrem reinen Marktwert beurteilt.
Im Zentrum der Diagonale steht dabei immer das aktuelle österreichische Filmschaffen. Rund hundert Arbeiten, die im Laufe des letzten Jahres entstanden sind, werden auf der Diagonale 2009 präsentiert, quer durch alle Genres, Formate, Längen, quer durch Erzählweisen und auch Produktionszusammenhänge. Viele der auf der Diagonale gezeigten Filme sind Österreichpremieren oder sogar Uraufführungen. Teil des Programms sind aber natürlich auch jene Produktionen, die im Laufe des vergangenen Jahres einen österreichweiten Kinostart hatten – jene Filme also, die den heimischen Kinomarkt bestimmten und damit zum Gutteil auch die kulturpolitischen und allgemeinen öffentlichen Debatten rund um das Kino. Gleichberechtigt werden alle diese Arbeiten zur Diskussion gestellt. Im besten Fall kann die Diagonale so nicht nur kontinuierliche Bestandsaufnahme und kritische Auseinandersetzung sein, sondern auch Spiegel, Konfrontation, Kommentar.
Die Präsentation der aktuellen Produktion wird erweitert durch eine ganze Reihe von Programmen, die die Wahrnehmung des österreichischen Kinos ergänzen und in einen größeren Kontext stellen sollen. So richtet sich der Blick in der Auseinandersetzung mit Filmgeschichte in die Vergangenheit und befragt mit drei sehr unterschiedlichen Perspektiven unser Verhältnis zu den gezeigten filmischen Materialien. Ein weiterer zentraler Punkt des Programms ist die Würdigung einer bestimmenden Persönlichkeit des österreichischen Kinos: Mara Mattuschka, deren vielschichtiges Werk und künstlerische Entwicklung im Rahmen einer umfassenden Personale vorgestellt wird.
Die Verbindung zum europäischen Filmschaffen und die notwendige Verankerung der österreichischen Produktion in einem größeren Zusammenhang werden in zweifacher Hinsicht thematisiert: Die Reihe Spektrum reagiert auf die Veränderung der Produktionslandschaft im Lauf der letzten Jahre. Die Verbindungen unseres Kinos zum europäischen sind enger, die Formen der Kooperation vielfältiger geworden und die Frage der Beziehung des österreichischen Films zum wie auch immer benannten „anderen“ damit virulenter.
Spektrum präsentiert Koproduktionen, die außerhalb des Wettbewerbs diese Vielfalt der Produktion und Formen der Zusammenarbeit abbilden, und holt andere kinematographische Traditionen, die aber doch mit dem österreichischen Kino zu tun haben, mitten ins Festival. Eine Erweiterung der filmischen Perspektive über unsere Landesgrenzen hinaus ist auch die Reihe Zu Gast mit einer Einladung an den Filmemacher Stefan Krohmer und seinen Drehbuchautor Daniel Nocke, die mit treffenden Milieubeobachtungen und vielschichtiger Figurenzeichnung einen ganz eigenen Platz im deutschen Kino und Fernsehen einnehmen.
Die Auseinandersetzung mit filmischen Formen muss aber auch über den Kinosaal hinaus reichen. Während der Diagonale 2009 startet mit der Ausstellung CONCEPT FILM eine mehrjährige Kooperation mit dem Kunstverein Medienturm. Die Ausstellungsreihe thematisiert die Auseinandersetzung mit dem Medium Film/Video außerhalb des klassischen Präsentationsrahmens im Kino, und findet so eine Schnittstelle zwischen filmspezifischen und anderen künstlerischen Kontexten beziehungsweise Diskussionsräumen. Den Auftakt dieser Zusammenarbeit bildet die Präsentation von Arbeiten der Künstlerinnen Dorit Margreiter und Ursula Mayer. Auch im Kunsthaus Graz, dem langjährigen Kooperationspartner der Diagonale, thematisiert die Ausstellung Interrogation Room von Dariusz Kowalski, ausgehend vom Trailer des diesjährigen Festivals, die Kommunikation zwischen Kino und Kunstraum, zwischen dem Kino und anderen Blickregimes – und das erstmals auch während der Festivalwoche.
Diese vielfältigen Formen des Austausches sollen sich während der Festivalwoche auf unterschiedlichsten Ebenen fortsetzen: im dritten Koproduktionstreffen für den Kinodokumentarfilm Deutschland–Österreich–Schweiz ebenso wie in den Diskussionen, in der direkten Begegnung mit unterschiedlichsten Filmen und mit den FilmemacherInnen, in den vielen Gesprächen, die sich im Laufe der Tage ergeben und die bestenfalls einen Bogen spannen zwischen Filmen und Gedanken.
Die Diagonale ist eine Auswahl, ein Blick auf die Produktion des vergangenen Jahres. Es führen viele Wege durch das Festival, doch die Grenzen sollen durchlässig bleiben, das Gespräch lebendig, die Eindrücke vielfältig. Das Programm ist ein Angebot für das Nachdenken über Film auf vielen Ebenen – ästhetisch, wirtschaftlich, (kultur)politisch –, und auch ein Argument für den österreichischen Film, ein Zeichen für den Wert und das Potenzial dieses Kinos.
Ich danke allen, die es auch 2009 wieder möglich gemacht haben, diese Vielfalt des österreichischen Kinos zu erleben: Unseren Förderern und SponsorInnen, unseren vielen PartnerInnen, dem unglaublich engagierten Team der Diagonale und allen voran natürlich den Filmschaffenden selbst.
Wir wünschen Ihnen spannende und bewegende Tage in Graz !
Barbara Pichler
Festivalleitung